Den Kindern die Augen für ihre Welt zu öffnen ist unser Wunsch – sie für das Leben stark zu machen ist unsere Aufgabe.
Maria Montessori
„Hilf mir, es selbst zu tun!“ – Montessori-Pädagogik
Auszugsweise erhalten Sie hier einen kleinen Einblick in unser Konzept. Das Gesamtkonzept liegt in unserer Einrichtung aus und kann nach vorheriger Anmeldung gerne eingesehen werden.
Aus dem Konzept stellen wir Ihnen folgende Punkte vor:
1.1 Lebenslauf Maria Montessori
Maria Montessori wurde am 31. August 1870 in der italienischen Provinz Chiaravalle bei Ancona geboren. Sie wuchs in Rom auf, wo sie nach der Grundschule eine naturwissenschaftlich-technische Sekundarschule besuchen konnte. Sie begann ein Medizinstudium, und schloss dieses als erste Frau Italiens mit dem Doktortitel ab. Durch ihre Tätigkeiten an der Psychiatrischen Universitätsklinik kam Maria Montessori mit behinderten Kindern in Verbindung und fand darüber zur Pädagogik.
Sie entwarf ein pädagogisches Förderprogramm für diese Kinder mit dem Grundgedanken, über die Aktivierung der Sinne das verbliebene geistige Potenzial der Kinder anzusprechen und zu entwickeln. Es gelang ihr, einige ihrer geistig zurückgebliebenen Schüler so zu fördern, dass diese bei öffentlichen Prüfungen mit anderen Kindern mithalten konnten. Maria Montessori wollte ihre gewonnenen Erkenntnisse auch für die Erziehung und Bildung normal entwickelter Kinder nutzen und begann ein Zweitstudium an der Anthropologie. 1907 erhielt sie den Auftrag, im römischen Elendsviertel San Lorenzo ein Haus für Kinder im Kindergartenalter einzurichten. Das erste „Casa dei Bambini“ entstand. Nach raschem Bekanntwerden der Erziehungs- und Bildungserfolge mit diesen Kindern kam es zur Gründung weiterer Kinderhäuser. Maria Montessori beendete ihre Lehrtätigkeit an der Universität und gab ihre Praxis als Kinderärztin auf, um sich ausschließlich der Weiterentwicklung und Verbreitung ihrer pädagogischen Ideen zu widmen. Sie entwickelte ihre Pädagogik für die 2. und später für die 3. Entwicklungsphase der Kinder und Jugendlichen. Im Rahmen ihres Engagements für eine Erziehung zum Frieden und den angemessenen Umgang mit der Umwelt entwarf Maria Montessori in den 30er Jahren ein Konzept zur „Kosmischen Erziehung“. Durch Vorträge, Bücher und Kurse sind ihre Ideen in der ganzen Welt verbreitet. Maria Montessori starb am 06.05.1952 im holländischen Nordwijk aan Zee.
1.2 Grundlagen und zentrale Punkte der Montessori-Pädagogik
Als zentralen Punkt ihres Lebenswerkes sieht Maria Montessori nicht die Entwicklung einer neuen Erziehungsmethode. Es geht ihr vielmehr um eine umfassende Förderung menschlicher Personalität. Sie glaubt an die verborgenen schöpferischen Kräfte im Menschen, in denen bereits alle Anlagen für eine optimale Entwicklung vorhanden sind. Die Entwicklung des Kindes betrachtet sie als einen ursprünglichen Lebensprozess, der von außen nicht beschleunigt werden muss und darf. Maria Montessori spricht hierbei von einem „inneren Bauplan“, der diese Entwicklung leitet. Für Maria Montessori ist jeder Mensch ein einmaliges, unverwechselbares Individuum, zugleich aber auch „von Natur aus ein soziales Wesen“.
Dennoch gelten für die Entwicklung aller Kinder allgemeine Gesetze, wie sich durch die Beobachtung frei arbeitender Kinder wissenschaftlich erforschen lässt. Die Entwicklung des jungen Menschen vollzieht sich in Stufen, die durch eine besondere Empfänglichkeit zum Erwerb einzelner Fähigkeiten und Fertigkeiten innerhalb bestimmter Zeiträume gekennzeichnet sind. Maria Montessori spricht hierbei von „sensiblen Phasen“. Während dieser Zeit lernt das Kind mit Lust und Leichtigkeit, wenn ihm Gelegenheit dazu gegeben wird. Zu einem anderen Zeitpunkt würde es das Gleiche mit sehr viel größerer Mühe, willentlicher Anstrengung und weniger Freude erlernen. Die „sensiblen Phasen“ sind von vorübergehender Dauer und machen es dem Kind möglich, eine bestimmte Fähigkeit zu erwerben. Ist dies geschehen, klingt die betreffende Empfänglichkeit wieder ab.
Zudem verfügen Kinder über eine besondere Geistesform, die Maria Montessori als „absorbierenden Geist“ bezeichnet. Damit benennt sie die Fähigkeit des Kindes, die Umwelt ganzheitlich in sich aufzunehmen, ohne sich dessen bewusst zu sein oder sich daran zu erinnern. Diese Art des Lernens herrscht in den ersten drei Lebensjahren vor, spielt aber auch weiterhin eine Rolle und wird mehr und mehr durch die aktive Erfahrung unterstützt.
Als Lernursprung bezeichnet Maria Montessori die Eigenschaft des Kindes, nach seinem spontanen Antrieb zu handeln und zu experimentieren. Für den Lernprozess des Kindes ist die eigene Handlung bedeutsam. Dieses Experimentieren nennt Maria Montessori „Arbeit“. Nur wenn das Kind seinem eigenen Rhythmus folgt und sich selbst für eine bestimmte Aktivität entscheidet, ist es innerlich wirklich bereit und kann sich entsprechend öffnen.
Zentrale Bedeutung erhält die Beobachtung Maria Montessoris, dass selbst kleine Kinder zu hoher und anhaltender Konzentration fähig sind, wenn sie sich in freier Wahl mit einem, ihrem jeweiligen Entwicklungsstand entsprechenden Gegenstand auseinandersetzen. Sie spricht hierbei von der „Polarisation der Aufmerksamkeit“ (Konzentration), die sie in drei Phasen gliedert. In der ersten Phase sucht sich das Kind selbst seine Tätigkeit, bei der es eine gewisse Zeit verweilt, die aber noch nicht zu tiefer Konzentration führt. In der zweiten Phase wendet sich das Kind intensiv und ausdauernd einer Tätigkeit über einen längeren Zeitraum zu. Nach Abschluss der „großen Arbeit“, wie Maria Montessori diese Tätigkeit umschreibt, schildert sie das Kind als geöffnet, freundlich, innerlich völlig ausgeruht und zufrieden. Dies bezeichnet sie als die dritte Phase. Auf diese Weise ausgeführte Arbeit führt demnach nicht zur Erschöpfung, sondern zur Stärkung der vitalen Kräfte.
Die freie Wahl einer Tätigkeit durch das Kind ist für Maria Montessori ganz entscheidend. Die Kinder bestimmen, was sie tun, mit wem sie es tun, allein oder mit anderen und über die Dauer ihrer Tätigkeiten. Das ermöglicht es ihnen, ihren sensiblen Phasen zu folgen, ihre Interessen, Bedürfnisse und Stärken zu leben, ihren eigenen Rhythmus und ihr eigenes Tempo zu finden. Gleichzeitig lernen die Kinder Grenzen zu akzeptieren.
Diese Grenzen erfahren sie in der Ordnung des Raumes, im Material selbst und im Zusammenleben mit anderen. Die Freiheit hat als Grenze das Interesse der Gemeinschaft. Die Kinder dürfen die anderen bei ihrem Tun nicht stören. Respekt vor dem eigenen Tun wird erfahren.
1.3 Vorbereitete Umgebung – vorbereiteter Erzieher
Die vorbereitete Umgebung soll Voraussetzungen für die freie Aktivität des Kindes schaffen. Dies ist gewährleistet, wenn sie auf einer sinnvollen Ordnung und Anordnung beruht, wenn sie ästhetisch ansprechend und übersichtlich gestaltet ist, Übungen in Sicht- und Reichweite der Kinder eingeordnet sind. Sie bietet dem Kind einen Gestaltungsspielraum für den Umgang mit anderen Menschen und mit Gegenständen.
Ein wichtiger Aspekt der vorbereiteten Umgebung ist die Altersmischung. Kinder lernen viel und gerne voneinander. Heterogene Gruppen bieten eine ideale Basis zur Entwicklung von Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein, zu demokratischem Verhalten.
Auf den „inneren Bauplan“ des Kindes vertrauend, ist es nun Aufgabe des Erwachsenen, eine Umgebung zu schaffen, die die Voraussetzungen für den Selbstaufbau des Kindes enthält und die Kinder im Sinne von „Hilf mir, es selbst zu tun!“ zu begleiten. Es geht nunmehr nicht um das unmittelbare Erziehen, sondern um das Zulassen, Annehmen und Begleiten von Lebensprozessen und verborgenen Kräften im Kind.
Für Maria Montessori bildet der Erwachsene einen Teil der vorbereiteten Umgebung. Dem Erwachsenen kommt die Aufgabe zu, dafür Sorge zu tragen, dass sich das Kind in dieser Umgebung entfalten und arbeiten kann.
Liebe und Achtung vor dem Kind sind wichtige Voraussetzungen für seine Entwicklung. Der Erwachsene braucht viel Geduld, er muss warten können und der Eigenkraft des Kindes sich zu entfalten, immer wieder vertrauen. Die innerlich wirkliche Präsenz des Erwachsenen, sein Respekt vor dem Kind und sein reelles Interesse an ihm, schaffen einen sicheren Rahmen für das Kind, in dem es sich entfalten kann. Der Montessori-Erzieher tritt zurück von der aktiven und direkten Steuerung und Kontrolle des Geschehens. Er beobachtet sehr bewusst, agiert nur, wenn er wirklich gebraucht wird, denn das aktive Eingreifen in das konzentrierte Tun eines Kindes bedeutet eine Störung; Belehren und Zeigen bedeuten Manipulation.
Maria Montessori beschreibt einen neuen Typus des Erziehers, der sich unter fünf Kennzeichnungen seiner „Gestalt“ oder „Figur“ umreißen lässt.
- Diener des menschlichen Geistes
- Mitarbeiter
- Gehilfe und Beistand
- Leiter und Organisator
- Anreger kindlicher Freiheit
Vier Aufgabenbereiche ergeben sich in Entsprechung zu diesem Erzieherverständnis:
- Selbstvorbereitung des Erziehers
- Vorbereitung der Umgebung – Organisation
- Gewährung von Entwicklungsfreiheit
- Beobachtung
1.4 Gestaltung der Räume
Wir wollen das Potenzial der Räume als „geheime“ Mit-Erzieher nutzen.
Maria Montessori sagt, dass die Kinder von der äußeren Ordnung zur inneren Ordnung gelangen. Das spiegelt sich in der übersichtlichen und geordneten Gestaltung unserer Räume wider. Nach dem Prinzip „weniger ist mehr“, wird den Kindern das Montessori-Material in logischen Einheiten angeboten (Übungen des täglichen Lebens, Sinnesmaterial, Material der kosmischen Erziehung, Sprach- und Mathematikmaterial). Überhaupt hat jedes Ding seinen Platz. So erleben die Kinder Sicherheit und Verlässlichkeit.
Wir sind auf dem Weg, die Gestaltung unserer Räume zu optimieren. Durch die Beobachtung der Kinder und deren Arbeitsverhalten ziehen die Erzieher Rückschlüsse auf die kindlichen Bedürfnisse und verändern gegebenenfalls die „vorbereitete Umgebung“. Immer wieder nehmen wir einen Perspektivwechsel vor und schauen mit den Augen der Kinder durch unser Kinderhaus, denn ihnen wollen wir eine anregende und Geborgenheit vermittelnde Umgebung bieten.
Wir möchten unsere Räume so vorbereiten, dass die Kinder allein durch ihre Gestaltung zu unterschiedlichen Tätigkeiten aufgeforderte werden. Schon jetzt haben die Kinder die Möglichkeit zur Arbeit, zum Spiel in unterschiedlichen Konstellationen. Es gibt Bereiche, die in besonderer Weise zum Tätig sein zu zweit, in einer Kleingruppe oder zur Einzelarbeit einladen. Die Kinder wählen selbst ihren Arbeitsplatz – sie arbeiten am Tisch oder auf dem Boden, dort nutzen sie dann Arbeitsteppiche.
Unser Kinderhaus ist so gestaltet, dass die Kinder auch die Möglichkeit zum unbeobachteten Spiel haben.
Die Montessori-Pädagogik ist eine kinderorientierte Methode, die das Kind in seiner Gesamtheit sieht und würdigt. Das Kind steht im Zentrum. Am Ende ihres Lebens mahnte Maria Montessori:
„Ich bin nur ein Instrument, Euch auf das Kind hinzuweisen; seht nicht auf meine Finger, seht auf das Kind.“
2.4 Unser Bild vom Kind
Wir begreifen das Kind als Baumeister seiner selbst, das einen eigenen immanenten Bauplan in sich trägt. Das Kind ist kein leeres Gefäß, das wir mit unserem Wissen anfüllen und das uns so alles verdankt. Die Forderung des Kindes an uns Erzieher ist: „Hilf mir, es selbst zu tun!“.
Jeder Erzieher hat ein ganz eigenes Bild vom Kind. Dieses ist zum Teil geprägt durch unsere eigenen Erfahrungen und durch den Einfluss von Medien und Öffentlichkeit. Wir sind auch mit verschiedenen Definitionen (pädagogischen Ansätzen) von „Kind sein“ konfrontiert. Als Team verbindet uns das Bild vom Kind, das Maria Montessori geprägt hat.
2.5 Das einzelne Kind in der Gruppe
„Sei gegenüber dem Kind zugleich fest und tolerant und es wird auch anderen Autonomie zugestehen; und dann und wann wird es auch sich selbst etwas durchgehen lassen.“ (Erik H. Erikson: „Identität und Lebenszyklus“)
Wenn das Kind sich selbst als eigenständige Person wahrnimmt (Ich-Findungsprozess) ist es imstande, sich kraftvoll und unabhängig umherzubewegen. Es ist bereit, sich mit seinen Mitmenschen zu messen, es beginnt Vergleiche anzustellen und entwickelt eine unermüdliche Wissbegier. Es kann sich jetzt mit anderen Kindern zusammenfinden und bekommt von ihnen neue Impulse. Das einzelne Kind in der Gruppe muss sich aber immer auch unter- und einordnen, es muss lernen, sich an die Regeln der Gruppe und des Kinderhauses zu halten. Die Freiheit des Einzelnen ist dort zu Ende, wo die Freiheit des anderen beginnt. Wir versuchen, die Kinder auf diesem Weg zu unterstützen und zu begleiten.
Wir beobachten jedes einzelne Kind, um zu sehen, wie es sich selbst entwickelt und wie seine Stellung in der Gruppe einzuschätzen ist. Somit können wir dem Kind adäquate Angebote und ggf. Fördermöglichkeiten anbieten.
Die Montessori-Materialien kann sich jedes Kind auswählen – entsprechend seinen Neigungen und Bedürfnissen, je nach dem Impuls seines Interesses. Deswegen werden die Materialien von Maria Montessori auch Entwicklungsmaterial genannt.
Gender-Hinweis:
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir eine gendergerechte Form von Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern gewählt. Wir möchten darauf hinweisen, dass dies aus rein redaktionellen Gründen geschieht und keinerlei Wertung beinhaltet. Selbstverständlich beziehen sich die Angaben auf alle Geschlechter.